Heute geht’s mal um das Thema „Urteilen“.

Letztens war ich in einem Geschäft. Die Verkäuferin hatte alles andere als ein freundliches Lächeln im Gesicht geschweige denn einen Hauch von Motivation. „Etwas mehr Lächeln wenn Kunden reinkommen, kann ja nicht so schwer sein“, „Oh man, sorry, aber ich muss auch arbeiten -auch, wenn ich keine Lust habe“. Tja, so waren meine Gedanken, als ich ins Geschäft gekommen bin und die Verkäuferin sah. Erkennt sich jemand wieder?

Allerdings hat nicht jeder das Glück – ja, ich meine hier wirklich GLÜCK – dass die Verkäuferin einem dann noch ein Gespräch aufzwingt. „Aufzwingen“ – das dachte ich im ersten Moment. Als ich den Laden verlassen habe, begriff ich auch, warum sie mit mir so lange geredet hat.

Fangen wir mal vorne an. Nachdem mich die Verkäuferin abkassiert hat, war ich schon am gehen, als sie plötzlich anfing, über das Wetter zu reden. Wer mich kennt weiß, dass ich vieles bin, aber kein Mensch mit dem man Small talk führt. (Ja, ich finde es tatsächlich enorm sinnlos, wenn man mit mir über das Wetter reden will. Ich meine, wenn es gerade regnet, sehe ich das auch selbst. Wie das Wetter die nächsten Tage wird, werden wir wohl auch erst an den jeweiligen Tagen genau erfahren und wie das Wetter vor 3 Wochen war, interessiert mich heute auch nicht mehr.) Meiner Meinung nach, kann man sich also etwaige Konversationen und Zeit sparen. Aber gut. Menschen sind unterschiedlich und das ist auch in Ordnung so. Zurück zum Thema: Sie sprach also über das Wetter und ehe ich reagieren konnte, gab sie mir sämtliche Informationen preis. Achtung, jetzt wird es wirklich ernster. Sie hatte mal Schilddrüsenkrebs, ihr Mann war vor kurzem gestorben und sie hat nicht mehr wirklich Verwandte oder viele Freunde. Was ich damit sagen will: Wir können niemals in einen Menschen hineinsehen oder wissen, was er erlebt hat. Wir sehen immer nur eine Momentaufnahme. Sie hat vielleicht eben nicht mehr so viele Menschen, mit denen sie reden kann. Somit vertraute sie sich mir aus irgendeinem Grund an. Wie wunderbar ist es bitte, so etwas erleben zu dürfen? Wenn man für einen kurzen Moment derjenige sein kann, dem sich ein anderer anvertraut.

Klar, gibt es oft viele solcher Momente, in denen wir andere Menschen be- oder schlimmstenfalls sogar verurteilen. Sei es, dass wir auf der Straße eine etwas kräftigere Person sehen und uns denken „man, so würde ich aber nicht draußen rumlaufen“ oder wir verurteilen Menschen, die sich vielleicht für eine Abtreibung entscheiden. Was oder wer erlaubt es uns, über die Situation, das Aussehen oder sonst etwas, eines anderen Menschen zu urteilen?! Warum tun wir das?! Eine Antwort auf diese Frage kann und werde ich euch auch diesmal nicht geben. Denn fest steht, diese be- oder verurteilenden Gedanken kommen. Ohne, dass wir sie beeinflussen können. Wichtig ist aber, wie wir mit ihnen umgehen. Denn das können wir beeinflussen. WIR entscheiden selbst, ob wir diese Gedanken laut aussprechen oder ob wir uns im inneren vielleicht mal kurz überlegen, ob die etwas kräftigere Person beispielsweise Medikamente wegen einer Krankheit nehmen muss und ihr Körper sich deswegen verändert hat. Oder eine Person sich wegen psychischer Probleme körperlich oder auch in ihrer Persönlichkeit verändert. Worte können verletzen, das weiß vermutlich nun langsam jeder.

Versucht einfach mal, bei eurem nächsten Stadtbummel bewusst darauf zu achten, wie schnell ihr vielleicht über andere urteilt. Manchmal, und das musste ich leider auch an mir selbst feststellen, geht das nämlich schneller, als gedacht. Achtet mal bewusst auf eure Gedanken, und darauf, was ihr aus ihnen macht.

Foto: @Naemi Preuß

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